Eigentlich weiß ich nicht wohin mich das hinführen wird, ob es positiv endet oder negativ, ob ich davon abraten werde es durchzumachen oder dann doch dazu raten. Bin mir nicht mal sicher, ob es einen roten Faden geben wird oder nur Gedankensprünge von Begebenheit zur Begebenheit.
Verunsicherung und Hoffnung
In einer Zeit sozialer Unruhen in diversen Ländern, allgemeiner Verunsicherung durch die staatliche amerikanische Einrichtung mit den drei Buchstaben (kommt schon, als ob wir das mit dem Abhören nicht gewußt hätten…), der schwächelnden Konjunktur, den Sparmaßnahmen bei den Großunternehmen und Banken, dem langen sterben und dem bevorstehenden Tod des Unternehmens, in dem man arbeitet, fragt man sich wirklich, ob sich die Mühe gelohnt hat. Die eingebrachten Ideen, deren Umsetzung aufgrund dinosaurierhaften Berührungsängsten und/oder mutwilliger Zerstörungskraft verhindert wurden.
All die mündlich ausgesprochen Versprechen, die man zwar immer wieder durch neue Hoffnung angefacht, jedoch entweder durch wochen-, monate-, jahrelange Verzögerung immer wieder aufgeschoben oder durch strickten Formalismus oder durch simples strategisches Nichtstun nicht erfüllt hat. War es das Wert dahinvegetierend zu warten und zu hoffen ohne jegliche Entwicklungs- oder Weiterbildungschance, ohne etwas sinnvolles zu tun, nur zur Beruhigung der Nerven der Vorgesetzten? Und das alles aufgrund der von den Vorgesetzten vorsätzlich durch gezielte Falschinformationen aufgebauten Hoffnung, daß sich vielleicht alles zum Guten wendet? Wie stark hat man seine eigene Position unterminiert, in dem man seine eigene Arbeit als das Leichteste auf der Welt präsentiert hat? War die Jonglage zwischen diversen Vorgesetzten umsonst?
Angst und Zerstörung
Ich erwähnte die dinosaurierhaften Berührungsängste. Aber natürlich tat ich das. Jeder kennt das, der etwas Innovatives, Neues oder einfach etwas, das auf der Hand liegt, umsetzen will. Dinosaurierhaft, weil man einfach nichts mit dem “Neuen” anfangen kann. Ich unterstelle an dieser Stelle das Fehlen des Unternehmertums, Freiheit von Weitblick. Interessant ist, daß man seiner vorgefassten Meinung nicht entkommen kann, sich häufig nicht mal dazu durchringen kann über kostenfreie Vorschläge nachzudenken. Neu ist eben zu neu. Das Unbekannte macht eben Angst. Willkommen in der Steinzeit.
Und ja, richtig gelesen: mutwillige Zerstörungskraft! Es ist in gewissen höheren Kreisen scheinbar ein Volkssport so ungenau wie möglich zu sein, offen Falschmeldungen zu verbreiten, die man bei deren Aufdeckung als persönliche Meinung in Verbindung mit einem simplem Irrtum darstellt und gegebenenfalls alles, das nicht juristisch festgehalten wurde, gegen einen zu verwenden. Vorgehensweisen werden offenherzig angedeutet, die Mimik und Gestik stimmt. Alles sieht vielversprechend aus, der treue und Gutgläubige impliziert das angedeutete und folgt dem. Geht es gut, kommt ein Versuch die Lorbeeren für sich einzusammeln: “Hättest Du früher machen sollen, ich habe es schon immer gesagt!” Geht es nicht gut, war die Andeutung anders gemeint. Dann steht auch schon der Anwalt vor der Tür, weil man keine Genehmigung für die implizierte Vorgehensweise hatte. Einfach so. Auch wenn es gegen den eigenen Mitarbeiter, Vorgesetzten oder Untergebenen geht. Völlig gleich. Einfach so.
Interessante Charaktere
Viel interessanter sind die Charaktere der Kapitäne, auch in Zeiten des ruhigen Fahrwassers. Der eine benimmt sich wie ein leichtsinniger Kumpel ohne jeglichen Sinn für Verantwortung und Spätfolgen. Der andere bemuttert ohne zu merken, daß man somit jegliche Fähigkeit Aufgaben auszuführen kategorisch abspricht. Der dritte bewegt sich fleißig bei jeder neuen auf ihn herabprasselnden Meinung wie ein Blatt im Wind mit bis er es dann Sekunden vor dem Zerbrechen schafft Einspruch zu erheben. Der vierte gar keine Meinung bzgl. Unternehmensführung und schweigt sich bei allen nicht technischen Belangen lautstark aus. Der fünfte hat überhaupt kein Interesse am Erfolg des Unternehmens, spricht vordergründig über die Wichtigkeit des Unternehmergeistes und der Forderung nach verstärkter Bemühung, bremst bzw. verbietet im Einzelgespräch mit den jeweiligen Mitarbeitern unter anwaltlicher Androhung irgend welche Kontakte zu knüpfen und/oder gewinnbringende Ideen umzusetzen. Unternehmenserfolg ist nicht interessant, Kontrolle durch den Geldgeber jedoch schon. Finanzielle Unabhängigkeit bedingt Kontrollverlust.
Im Grunde genommen, da es jetzt dem Ende zugeht, sich alle dann doch dazu entschließen noch weniger als nichts zu tun und jegliche Entscheidung, die ihnen zur Last gelegt werden kann, lieber abzuwenden, kann man es denen nicht mal verübeln. Sie sind alle alt, sie haben womöglich keine Chance mehr auf dem Arbeitsmarkt, sind leider keine wirklichen Führer, haben keinen Kampfgeist, keine Fantasie bzgl. Auslegung der Regeln und keine Fantasie bzgl. rhetorischer Ausmanövrierung des versierten Gegenübers. Ja, sie im Grunde genommen haben sie nur noch Angst. Angedrohte Repressalien sind halt so eine Sache, wenn man ständig seine Unschuld unter Beweis stellen muss.
Einsatz ist nicht gleich Einsatz
Falls es der eine oder der andere noch nicht bemerkt hat, man sollte seine volle Aufmerksamkeit in diese Richtung wenden, um zu verstehen was für einen Wert man hat, wenn man gegen jemand anders, vorzugsweise den Vorgesetzten oder viel lieber dessen Vorgesetzten oder noch besser dessen Vorgesetzten, nichts in der Hand hat. Wenn es auf die betriebswirtschaftlichen Gründe ankommt, reicht häufig nur ein Wort: keinen. Ganz genau. Keinen Wert. Das sollte man nie vergessen, und erst recht sich daran erinnern, wenn man selbst Vorgesetzter wird und “plötzlich” finanziell in der Kreide steckt. Aus betriebswirtschaftlicher Sicht absolut verständlich. Man hat Kosten, das teuerste Gut ist der Mitarbeiter, er ist ersetzbar bzw. seine Arbeit kann unter mehreren anderen Mitarbeitern aufgeteilt werden. Das Wissen und die Erfahrung, die der Mitarbeiter gesammelt hat, hat er “sicherlich” lückenlos an die anderen Mitarbeiter weitergegeben, die es ebenso lückenlos verinnerlicht haben. Theoretisch.
Viel interessanter ist, daß man dieses Phänomen bereits ab der zweiten Stufe in der Hierarchie über einem selbst miterlebt. Zu dieser Stufe hat man keinen direkten Bezug. Auf dieser Stufe hat man auch nicht so direkt etwas mit dem Mitarbeiter zu tun, nicht so wie die direkten Vorgesetzten.
Wohingegen der direkte Vorgesetzte für seinen direkten Untergebenen trotz der schwierigen Lage etwas herausholen, den Kampf noch nicht aufgeben möchte, hat der Vorgesetzte des Vorgesetzten bereits den Kampf für den Mitarbeiter aufgegeben, dessen Entbehrlichkeit erkannt und all seine Waffen wieder fein säuberlich im Schrank verstaut. Es geht um das nackte Überleben, das darf man nicht vergessen. Sobald es um den Unternehmenstod geht, betrifft das alle (bis auf den Verwaltungsrat, er lenkt häufig zusätzlich die Geschicke anderer Unternehmen) Alle mündlichen Absprachen, alle Verhaltensregeln, alles gilt nicht mehr. Es ist Krieg! Jeder ist auf sich gestellt.
Mitten im Geschehen
Stellt sich die Frage, ob man miterleben, mitten im Geschehnis sein sollte, wenn ein Unternehmen stirbt. Oder wie es “gestorben wird”, wenn man diversen Aussagen der Vorgesetzten in Relation zum Wahrheitsgehalt und der darauffolgenden Taten Glauben schenken darf. Um es so ungenau wie möglich zu sagen: Es kommt halt immer darauf an.
Will man etwas über das Verhalten von Führungskräften in Krisenzeiten lernen, will man wissen was man selbst, sollte man irgend wann die Führung haben, im Fall einer Krise tun oder lassen sollte, weil man die Auswirkungen dessen von der anderen Seite miterlebt hat. Dann ja! Zugegeben, es klingt ein bißchen wie Katastrophentourismus, wenn man dem Sterbenden bis zum Schluss zusieht wie er seinen letzten Atem aushaucht. Das Einschätzen von Personen in Relation zu deren Hintergrund und deren möglichen Zielen ist in jeder Lebenslage unerlässlich (simple Wahrscheinlichkeitsberechnung). Was man noch nie gesehen hat, kann man nicht einschätzen. You don’t know what you don’t know.
Will man jedoch in einer geregelten Atmosphäre seiner Arbeit nachgehen, der Willkür der äußeren Umstände nicht ausgesetzt, dann sollte man in absehbarer Zeit das Unternehmen wechseln und evtl. Beamter werden. Es ist nicht produktiv, wenn man Ideen hat und sie auch bringt, jedoch entweder keine Entscheidung bzgl. Freigabe durch lauthalses Ausschweigen getroffen wird oder die Entscheidungsfindung künstlich durch eine Unzahl von Anträgen und Fallstudien in die Länge gezogen wird. Das demotiviert. Ein nicht motivierter Mitarbeiter ist eine Belastung für sich selbst und das Unternehmen.
mimimimi
Doch das würden meine Freunde als “mimimimi” bezeichnen – Meckern auf hohem Niveau. Natürlich legt man sich ins Zeug, holt aus sich alles heraus, um das Unternehmen voran zu bringen, auch um sich selbst voran zu bringen. Keiner sagt jedoch, daß man nach einer angemessenen Zeit der Unzufriedenheit alles für das selbe Unternehmen aus sich herausholen muß. Andere Mütter haben auch schöne Töchter.